Trident

Games => Diverses => Thema gestartet von: EdHunter am 25. Oktober 2012, 22:49:29

Titel: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: EdHunter am 25. Oktober 2012, 22:49:29
Am letzten Wochenende waren die Games Media Awards in London, wo es eben um die Journalisten geht. Da gab's einen kleinen Eklat, als einige geladene Journalisten über Twitter quasi Werbung für ein Spiel machten, um damit eine PS3 zu gewinnen. Daraufhin gab's einen äußerst kritischen Artikel auf Eurogamer, der einige Journalisten anhand von öffentlichen Statements mal richtig bei den Eiern packt und der dort mittlerweile nur noch in abgeänderter Form zu sehen ist.

Das muss aktuell (auch über Twitter und persönliche Kontakte) in den Journalistenkreisen in UK gerade heftig diskutiert werden. John Walker (der die GMA für Rock, Paper, Shotgun auch schon 2 mal entgegennehmen durfte) hat da in 2 Blogeinträgen gestern und heute mal ordentlich vom Leder gezogen:

http://botherer.org/2012/10/24/games-journalists-and-the-perception-of-corruption/

http://botherer.org/2012/10/25/an-utter-disgrace/

Den Original-Artikel von Robert Florence (natürlich rehosted, ganz nach dem Streisand-Effekt):
http://wosland.podgamer.com/a-table-of-cowards/


Die 3 Links sind auf jeden Fall mal interessanter Lesestoff - evtl. besonders für die Journalisten hier ;)
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Accipiter am 25. Oktober 2012, 23:08:52
Ist halt mehr oder weniger ein Outing von Dingen, die in diesem Genre schon immer gegeben waren, über die nur nicht offen gesprochen wurde. Ich persönlich kenne auch nur den Lokaljournalismus als eine Form von Journalismus, die noch weniger abwirft als über Spiele zu schreiben. Da wird halt viel eingeladen, mitgenommen und sich artig bedankt. Entsprechend sehe ich den Punkt mit "no matter which site or magazine you read, the chances are what you’re reading is un-bought, uncorrupted opinion" eher anders. Der Kommentar, den Walker sich gefangen hat, trifft es doch recht genau:

Zitat
"Arguments ranged from being told that journalists deserve it because they’re so poorly paid, to it just being a bit of fun and hashtags aren’t advertising. But more than anything else, either directly to me, or on other journalists’ Twitter feeds, so many people rolled their eyes at the discussion, dismissing it as ridiculous. And that I find bewildering."

Ansonsten finde ich mich natürlich in vielen Punkten wieder und denke was er da schreibt hat Hand und Fuß. Ich erinnere mich immer noch gerne an ein Presse-Event von EA, irgendwann Anfang der 2000er. Ging um diese 3D-Shooter-Version von C&C. Für die ganzen Fansites gab es PCs zum Zocken und jeder durfte mal mit dem Chefentwickler ein kleines Interview führen. Dazu gab es Getränke, Sushi-Catering und für jeden ein kleines Geschenk.

Das ist aber prinzipiell jetzt nicht nur in der Spiele-Branche so und eigentlich auch kein Faktor. Der Grund, warum viele Spiele/Filme/Whatever zu gut wegkommen lassen, ist die Angst als Strafe von zukünftigen Events ausgeschlossen zu werden und dadurch einen massiven Wettbewerbsnachteil zu haben.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Sky am 26. Oktober 2012, 15:48:44
http://penny-arcade.com/report/editorial-article/libel-alleged-legal-threats-and-conflicts-of-interest-the-twisted-story-of-

Den Typen mag ich, der konzentriert sich nochmal auf den Hintergrund zum Verschwinden des Eurogamer-Artikels.

Aber so RICHTIG überrascht ist man doch schon lange nicht mehr, oder? Ich kenn mich da nicht aus, aber ich denke die Trennung von PR und Journalismus war noch nie so strikt, wie man das gerne haben möchte.

*edit* Aber ein bisschen komisch ist deren Gesetzgebung ja dann trotzdem. Libel ist sowas Rufmord?
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Neranja am 26. Oktober 2012, 15:57:09
In dem Döpfner-Interview bei Alternativlos kam das auch so rüber. Zwischen den Zeilen konnte man so durchhören das die Trennung zwischen Redaktion und Werbung gewünscht ist, aber tatsächlich die Schere eher im Kopf der Redakteure sitzt. Oh, und das der Bereich Mode schon komplett verloren ist.

http://www.alternativlos.org/24/
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Accipiter am 26. Oktober 2012, 16:32:57
Ich habe auch schon mehr als 1x von einem Redakteur den Satz gehört "Mit Unternehmen X arbeiten wir übrigens seit vielen Jahren super zusammen". Da kann man sich dann seinen Teil raushören. Das Problem bei einer "Nische" ist ja einfach, dass Du da nach bekannten Finanzierungsmodellen über Anzeigen Deinen eigenen Geldgeber bewertest. Auf ner Gamingsite kannst Du halt schlecht Werbung für das neue Rinti schalten.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Hurz am 26. Oktober 2012, 17:51:42
Das Problem ist in der Branche einfach auch, dass es wenige Redakteure gibt, die Journalismus gelernt haben sondern höchstens über Ausbildungen bei Zeitschriften selber heran gezüchtet wurden. Oder aber es sind reine Quereinsteiger und eigentlich Laien, die als Spieler begonnen haben, dann schreibende/bloggende Spieler wurden und dann nach und nach rein gerutscht sind. Da fehlt bei vielen der professionelle Abstand den ein (guter) Journalist bei aller Nähe zum Thema bzw. den Personen haben muss (merkt man auch bei einigen "Journalisten" die für die eine oder andere Plattform eindeutig Partei ergreifen, weil es halt doch nur Fanbois sind im Herzen) und dann kommt es zu solchen Twitter-Aktionen.

Auf der anderen Seite sitzen bei den Publishern aber auch teilweise an Schaltstellen eher Leute, bei denen eine schlechte Wertung sofort als persönlicher Angriff ankommt und es an einer sachlichen Behandlung einfach dann mangelt. Das mag auch bedingt sein, da viele Bereiche der Informationsverbreitung nur über Laien erfolgt (Blogger, Foren, etc.) mit denen anders umgegangen werden muss (und auch kann).

Die enge Verknüpfung zwischen Industrie und Kritikern gibt es in allen Branchen: Mode, HiFi, Auto, ... und auch dort ist die Problematik immer die gleiche, nur sind diese Branchen etwas älter, gereifter und professioneller von der Ausbildung der Leute. Dazu kommt, dass in der Spielebranche (noch?) durchschnittlich jüngere oder unreifere und (typischerweise) verspielte Leute arbeiten und dass es eine unüberschaubare Masse von "Redakteuren" gibt, da jeder mit HTML-Kenntnissen für fünf Cent eine Webseite machen kann und gleich entsprechendes Publikum hat. Das hängt mit der sehr sehr hohen Internet- und Technikaffinität der Zielgruppe für Spiele zusammen und macht es schwer wirkliche Qualität zu finden.

Einerseits ist es schön, dass jeder seine Meinung verbreiten kann und darf und die Publisher damit viele Menschen haben als "Verteiler" von News, Bildern, Videos usw. und nur so funktionieren ja solche Gags wie sie Valve hin und wieder macht. Nur kann halt wirklich jeder da mitmischen und sich in die Masse mischen und leider gibt es viele Idioten (fast nur) unter den Menschen und damit schwarze Schafe die (ob absichtlich oder aus Dummheit ist egal) kapitale Böcke schießen, die sofort auf die "Kollegen" wirken.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Pip am 26. Oktober 2012, 21:56:48
Das Problem ist in der Branche einfach auch, dass es wenige Redakteure gibt, die Journalismus gelernt haben sondern höchstens über Ausbildungen bei Zeitschriften selber heran gezüchtet wurden. [...]

Du willst jetzt nicht wirklich behaupten, dass das bisschen Studium mit ein paar fakultativen Vorlesungen "Berufsethik" irgendwie integere Menschen aus der Masse der Studierenden macht? Und selbst wenn, wie lange hält das? Gerade bei Journalismusbereichen wo viel Geld fließt, von mir aus Wirtschaft. Wenn die Ahnung von Wirtschaft hätten würden die ja nicht darüber schreiben, sondern Geld machen, aber so muss man sich halt seine Abkürzungen suchen um auch was vom Kuchen ab zu bekommen.
Ich sehe deinen Punkt, dass der Laie anfälliger für Subjektivität ist schon, aber das Fehlen moralischer Standards ist ja nicht nur eine Berufskrankheit, sondern eher gesellschaftliches Leitbild in der heutigen Welt und das wird kein Studium ändern. Des Weiteren sei gesagt das Professionalität heutzutage auch nur heißt das man Geld verlangt für das was man tut, aber nicht das man darin gut ist oder gar Qualität abliefert.
Weiterhin zeichnen ja die Printmedien, mit dem darin enthaltenen professionellen Journalismus, ein trauriges und erschreckendes Bild der Realität und das für einen Berufsstand der in unserer heutigen Zeit wichtig wäre, einfach um klare Fakten vorzubringen auf denen der Einzelne seine Entscheidungen und Einstellungen begründen kann. Das Ende des letzten und der Anfang dieses Jahrhunderts zeigen aber nur das der "Journalismus" zur willfährigen Informationsverteilung bestimmter Machtpositionen wird und das Wahrheit nur interessiert, wenn man aus ihr Kapital schlagen kann. Man nehme aktuell den Syrien-Konflikt oder die Jugoslawienkriege, den Kosovokrieg oder den ersten Golfkrieg bis hin zum generellen journalistischen Desinteresse an Russland, Weißrussland, Litauen, Ungarn....
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Neranja am 26. Oktober 2012, 22:38:30
Das Faszinierende ist ja das sich in - sagen wir mal "interessierteren Kreisen" - die Positionen von Pip sich langsam mehr und mehr verbreiten.

Böse Zungen behaupten ja das es schon immer so war, und das einfach nur mehr und mehr durch den Sandsturm der Irrelevanz aus dem Internet das eine oder andere ans Tageslicht gebracht wird. Und eben das sich an bestimmten Dingen interessierte Parteien über das Internet einfacher finden um solche Projekte wie zum Beispiel GuttenPlag durchzuziehen.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Hurz am 26. Oktober 2012, 23:08:59
Du willst jetzt nicht wirklich behaupten, dass das bisschen Studium mit ein paar fakultativen Vorlesungen "Berufsethik" irgendwie integere Menschen aus der Masse der Studierenden macht? Und selbst wenn, wie lange hält das? Gerade bei Journalismusbereichen wo viel Geld fließt, von mir aus Wirtschaft. Wenn die Ahnung von Wirtschaft hätten würden die ja nicht darüber schreiben, sondern Geld machen, aber so muss man sich halt seine Abkürzungen suchen um auch was vom Kuchen ab zu bekommen.

Ja, es macht einen Unterschied ob du als Journalist die Arbeit lernst oder in 2 Jahren Arbeit in einer Redaktion direkt den Alltag so lernst und vorgelebt bekommst. Ausbildung in dem Bereich läuft immer noch so, dass jeder Praktikant nach einer Woche spätestens seine ersten Artikel und Tests schreiben darf, während es in anderen Bereichen ganz anders aussieht. Grund ist halt, weil die Strukturen so jung und flach sind in der Branche und einfach so wenig gezahlt wird (weniger als in anderen Bereichen), weil halt so viel "Schreiberling-Material" da ist.

Ich sehe deinen Punkt, dass der Laie anfälliger für Subjektivität ist schon, aber das Fehlen moralischer Standards ist ja nicht nur eine Berufskrankheit, sondern eher gesellschaftliches Leitbild in der heutigen Welt und das wird kein Studium ändern.

Junge Menschen sind noch sehr beeinflussbar und das gilt in beide Richtungen, sowohl zum "Guten" als auch zum "Schlechten" und wenn ein Studium das vermittelt und ernsthafte (unabhängige) Arbeiten usw. vorgelebt werden, dann hat das massiven Einfluss, egal um welchen Beruf es geht. Die gleiche Person wird je nachdem wo sie ausgebildet wird unterschiedliche Arbeitsweise, Standpunkte und auch "Arbeitsethos" entwickeln und hier ist es halt so, dass in der Spielebranche oft ein sehr kollegiales Miteinander zwischen Redakteuren und Publishern als Vorbild dient für den Nachwuchs.

Des Weiteren sei gesagt das Professionalität heutzutage auch nur heißt das man Geld verlangt für das was man tut, aber nicht das man darin gut ist oder gar Qualität abliefert.

Nein, Professionalität bedeutet nicht nur dass man mit dem was man tut Geld verdient, sondern auch, dass man gewisse allgemeingültige Regeln und "Standards" einhält.

Weiterhin zeichnen ja die Printmedien, mit dem darin enthaltenen professionellen Journalismus, ein trauriges und erschreckendes Bild der Realität und das für einen Berufsstand der in unserer heutigen Zeit wichtig wäre, einfach um klare Fakten vorzubringen auf denen der Einzelne seine Entscheidungen und Einstellungen begründen kann. Das Ende des letzten und der Anfang dieses Jahrhunderts zeigen aber nur das der "Journalismus" zur willfährigen Informationsverteilung bestimmter Machtpositionen wird und das Wahrheit nur interessiert, wenn man aus ihr Kapital schlagen kann. Man nehme aktuell den Syrien-Konflikt oder die Jugoslawienkriege, den Kosovokrieg oder den ersten Golfkrieg bis hin zum generellen journalistischen Desinteresse an Russland, Weißrussland, Litauen, Ungarn....

Ich glaube eher, du liest die falschen Zeitungen ...


Einen Punkt habe ich noch vergessen, der dem Zeitgeist der Internet-Generation entspringt: Die "Ich bin online, blogge und habe ein paar tausend klicks und daher bin wichtig."-Einstellung die zu einer Anspruchshaltung führt für die Masse von "Redakteuren", die eigentlich nur Spieler mit zu viel Zeit fürs Schreiben sind (wie z.B. bei gamersglobal oder vielen Ex-Bloggern, jetzt "Journalisten"). Dieser Selbstanspruch wird halt auch sehr gerne, da sehr einfach anzusprechen, von den Publishern genutzt um Dinge unterzubringen oder aber Kritik im Vorfeld schon aus den Segeln zu nehmen.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Pip am 27. Oktober 2012, 00:19:44
Ja, es macht einen Unterschied ob du als Journalist die Arbeit lernst oder in 2 Jahren Arbeit in einer Redaktion direkt den Alltag so lernst und vorgelebt bekommst. Ausbildung in dem Bereich läuft immer noch so, dass jeder Praktikant nach einer Woche spätestens seine ersten Artikel und Tests schreiben darf, während es in anderen Bereichen ganz anders aussieht. Grund ist halt, weil die Strukturen so jung und flach sind in der Branche und einfach so wenig gezahlt wird (weniger als in anderen Bereichen), weil halt so viel "Schreiberling-Material" da ist.
Sicherlich macht das einen Unterschied, aber jeder der studiert kommt ja auch irgendwie mal zum Arbeiten und gewöhnt sich die schlechten Umgangsformen genauso schnell an. Liegt häufig daran das es im Studium nur um Theorie geht und jeder sich bewußt ist das es in der Realität anders läuft und viele ihr Grundstudium auch vergessen und Letzteres passiert auch bei Studienrichtungen mit harten Grundstudium wie Medizin.

Zitat
Junge Menschen sind noch sehr beeinflussbar und das gilt in beide Richtungen, sowohl zum "Guten" als auch zum "Schlechten" und wenn ein Studium das vermittelt und ernsthafte (unabhängige) Arbeiten usw. vorgelebt werden, dann hat das massiven Einfluss, egal um welchen Beruf es geht. Die gleiche Person wird je nachdem wo sie ausgebildet wird unterschiedliche Arbeitsweise, Standpunkte und auch "Arbeitsethos" entwickeln und hier ist es halt so, dass in der Spielebranche oft ein sehr kollegiales Miteinander zwischen Redakteuren und Publishern als Vorbild dient für den Nachwuchs.
1. Wo findet man so ein Studium? Die Privaten Hochschulen sind ja mehrheitlich ein Witz, da wird die Korruption ja quasi zur Existenzberechtigung erhoben, insbesondere im Bereich Journalismus, könnten sich auch gleich PR-Schulen nennen. In den öffentlichen Fakultäten, wo wird da großartig was vorgelebt oder gar realitätsbezogen vermittelt?
Also prinzipiell ja zu deiner Aussagen, aber sie geht halt von einem Ideal aus, welches so nur in Einzelfällen existiert und damit keine flächendeckende Wirkung hat.
2. Ja, junge Menschen sind beeinflußbar, blöd nur das es nach dem Studium nicht aufhört. Die sind auch weiterhin leicht zu beeinflußen und materiale Bedürfnisse werden immer größer sein als der Drang einem Ideal zu entsprechen oder sich eine Position zu erkämpfen nur um diesem Ideal zu genügen.
3. Andere Branchen haben auch gute Kontakte mit Journalisten und Vernetzung ist für einen Beruf der sich mit Informationsbeschaffung befasst schon essentiell. Ich würde mich also mal aus dem Fenster lehnen und behaupten auch in den anderen journalistischen Fachbereichen wird ein kollegiales Miteinander, das immer mal wieder vergoldet wird, vorgelebt, insbesondere für die Neuen die jetzt tatsächlich mal sowas wie "Vorbilder" finden.

Zitat
Nein, Professionalität bedeutet nicht nur dass man mit dem was man tut Geld verdient, sondern auch, dass man gewisse allgemeingültige Regeln und "Standards" einhält.
Nein, das sollte es eigentlich heißen. Im Endeffekt sagt es aber nichts mehr über die Qualität aus, man holt sich nur irgendeinen "Qualifikationsnachweis" und macht ein paar Jahre den Affen und dann wird nie wieder großartig danach gefragt, insbesondere wenn man sich die nötigen Kontakte erkrochen hat. Es läuft darauf hinaus das der "professionelle" Journalist nur mehr Bestechungsvergütung verlangen kann als der Laie und einem vielleicht einen etwas eloquenteren Anstrich in einer etwas größeren Zeitung besorgt.

Zitat
Ich glaube eher, du liest die falschen Zeitungen ...
Die letzte einigermaßen gute Zeitung war "Die Woche", die wurde allerdings 2002 eingestellt. Kannst mir aber gerne ein paar Leseempfehlungen geben. Als kleines Auswahlkriterium: Bitte eine die nicht sofort auf den Syrien-Zug aufgesprungen ist, sondern ein differenziertes Bild von Rebellen und Staatstruppen gezeichnet hat.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Hurz am 27. Oktober 2012, 03:17:09
Es gibt einige (unabhängige) Schulen die (deutliche länger als in Redaktionen) ausbilden und teilweise von Verlagen getragen werden, davon aber unabhängig sind. Außerdem gibt es an vielen Hochschulen auch entsprechende Studiengänge. Und dort wird immer begleitend zum Studium auch in der Praxis das ganze angewendet, aber halt auch direkt innerhalb der Kurse und Seminare. Vor allem wird dabei auch gewechselt (sowohl Fachrichtungen als auch Redaktionen). Und das ist etwas völlig anderes als von Beginn an in einer Redaktion zu lernen (und hin und wieder mal evt. eine Berufsschule zu sehen) und an den Betrieb gebunden zu sein.

Ich habe nie gesagt, dass es in anderen Branchen nicht auch passiert, ich sagte nur, dass es in der Spielebranche deutlich leichter und verbreiteter ist und habe dafür (einige) gute Gründe aufgezählt. Du magst es pessimistisch sehen, das sei dir unbenommen, allerdings frage ich mich dann, warum du überhaupt noch irgendwelche Nachrichten und Artikel zu egal welchem Thema liest? Oder bist du völlig uninformiert, denn dann würde sich jede weitere Information erübrigen, da all dein "Wissen" dann reine Spekulation und Ableitung von irgendwelchen Nachrichten ist (wobei du deren Qualität ja gleichzeitig anzweifelst - also quasi die Basis dessen was du ableitest und damit deine Meinung selber entwertest).


Ich kann dir aus meiner Praxis nur sagen, dass du den Unterschied wie jemand seinen Beruf gelernt hat mit ein wenig Erfahrung sehr schnell erkennst. Das sind Dinge die sich auch nach Jahren nicht abgeschliffen haben, auch wenn du es nicht glauben magst.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Accipiter am 27. Oktober 2012, 09:13:44
Pip, ich habe zunächst Technikjournalismus an der FH Sankt-Augustin und später Online-Redakteur in Köln "gelernt". In beiden Studiengängen war Medienethik zumindest Gegenstand von Vorlesungen über mehrere Semester. Was davon hängen bleibt ist natürlich etwas anderes.

Und prinzipiell ist Journalismus auch nur ein Handwerk, das man mit dem angeborenen Faktor "Talent" in weiten Teilen lernen kann. Mag sein, dass einige Naturtalente ganz natürlich gute Artikel schreiben, in der Regel siehst Du als "Kenner" der Materie aber recht deutlich die Unterschiede zwischen "Ich bin (ausgebildeter) Journalist" und "Ich mache jetzt mal Journalismus".
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: EdHunter am 27. Oktober 2012, 11:29:13
Update:

Nachdem Robert Florence als Eurogamer-Kolumnist jetzt tatsächlich zurückgetreten ist, hat er auf John Walker's Blog nochmal ein abschließendes Statement dazu gegeben: http://botherer.org/2012/10/26/guest-post-robert-florence-on-the-last-few-days/ Da stellt er nochmal klar, wo er die Schuld an der ganzen Misere sehen will.

Btw:
Dass man als Games-Journalist auf entsprechende PR-Events eingeladen wird und dass die PR-Leute so versuchen, Einfluss auf die Wertungen zu nehmen, ist ja die eine Sache. Dass man sich aber wie Geoff Keighley inmitten von Werbeprodukten platziert oder dass man für Magazine über Spiele berichtet, während man gleichzeitig für die Developer arbeitet... das ist schon heftig.

Ich finde auch, der Vergleich mit politischem Journalismus hinkt. Es geht hier immer noch (nicht nur, aber oft) um die Vorstellung und Meinung zu einem Produkt. Da möchte ich mal die Kirche im Dorf lassen. Unwichtig ist das trotzdem nicht, denn diese Reviews haben Einfluss. Nicht nur auf die Verbraucher, die danach entscheiden, ob sie das Produkt kaufen, sondern sogar auf die Developer-Teams, die Bonuszahlen nicht erhalten, weil sie die Metacritic-Wertung von 85% nicht erreichen.

Wo ich micht nicht sicher bin, ist das ganze Internet-Blogging, was ja hier auch kritisiert wird. Ich weiß nicht, ob das wirklich was schlechtes ist. Wenn ich eine Meinung über ein Produkt auf Random-Blog X lese, bin ich mir doch mittlerweile fast sicherer, dass da vorher keine PR die Finger im Spiel hatte, als bei Famous Game Magazine Y. Abgesehen davon natürlich, dass der Blogger vermutlich keine journalistische Ausbildung hatte. Ich gebe da Acci Recht, dass das auch ein lernbares (und damit natürlich bewertbares) Handwerk ist.

TB hat gestern in seiner Mailbox was dazu gesagt (dem geht's ja mit PR-Einladungen nicht anders und der kommt aus dieser ungelernten "Ich erzähl mal was über Spiele"-Szene) und ich glaube, ich muss ihm da zustimmen:
Als Verbraucher ist es eigentlich am Besten, sich unabhängig von Magazinen oder Seiten die Namen der Autoren zu merken und dann zu schauen: Hey, was der schreibt, klingt gut, trifft meine Meinung und meinen Geschmack - den lese ich weiter. Das gilt natürlich nur für Reviews. Wenn es um andere Themen aus der Branche geht, will man natürlich auch Artikel mit anderer Meinung lesen. Sollte man zumindest.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Sky am 27. Oktober 2012, 11:56:07
In sofern ist es ja ein Glück, dass sowas im Games Journalismus passiert. Was Hurz meinte, dass viele junge und unerfahrene Leute dabei sind, kann man nämlich auch umdrehen. Wenn einer da mitmacht, weil er bei dem, worüber er schreibt, mit dem Herzen dabei ist, dann wird er das möglicherweise nicht so schnell verkaufen wie einer, der eigentlich Politik machen wollte und keinen Platz gefunden hat.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Hurz am 27. Oktober 2012, 12:51:28
In sofern ist es ja ein Glück, dass sowas im Games Journalismus passiert. Was Hurz meinte, dass viele junge und unerfahrene Leute dabei sind, kann man nämlich auch umdrehen. Wenn einer da mitmacht, weil er bei dem, worüber er schreibt, mit dem Herzen dabei ist, dann wird er das möglicherweise nicht so schnell verkaufen wie einer, der eigentlich Politik machen wollte und keinen Platz gefunden hat.

Ja und nein, denn 99,9% der jungen Menschen liegt das Spielen am Herzen und nicht das journalistische Arbeiten an sich, das ist der große Unterschied. Und diese Leute lassen sich als Spieler halt viel leichter bauchpinseln und verführen als Leute die einen gewissen Abstand haben und halten können. Und die meisten solcher jungen Leute sind mit epeen, Forentrollereien und fanboi-tum aufgewachsen und kennen es nicht anders und wenn dann der frühere "Gott" XY mit einem spricht und einem etwas verspricht (z.B. exklusive Inhalte usw.) und dazu das noch vorgelebt wird von den Chefs (die zwar älter sind aber auch so aufgewachsen oder mit der Branche "groß" geworden sind), dann ist das leider recht fix geschehen mit dem "verkaufen" (oder dem ungerechtfertigten Verriss, wenn das Spiel für die "falsche" Plattform ist).
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Accipiter am 27. Oktober 2012, 13:27:30
Was waren eigentlich so für Euch die krassesten Fälle der "Frühzeit"? Ich erinnere mich da noch an den Beschiss beim Test einer Ausgabe des "Fußball Managers" (dieses Vorläufers zur FIFA Managerserie) und natürlich die Fakes bei einem Teil von C&C, wo die Screenshots auf der Packungsrückseite noch ne Runde durch Photoshop gegangen sind und Redaktionen ihre Exemplare nicht mehr rechtzeitig vor Release hatten (bzw. mit nicht genügend Vorlauf).
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Baumstumpf am 27. Oktober 2012, 15:49:05
also ich rege mich eigentlich immer wieder aufs neue auf, wenn ich tests auf 4players oder gamestar zu blockbustern lese. man sieht meistens schon an mehreren faktoren, wie die wertung ausgeht: großer publisher = in der regel 80+ wertung, absolut mieses game vom großen publisher = 70+ wertung, spiel eines deutschen studios = +10-15% mehr als gerechtfertigt auf die eigentliche wertung, vom publisher extrem gehypter titel mit sehr hohen verkaufszahlen bei vorgänger = ~90% wertung.

tolle beispiele:
http://www.gamestar.de/spiele/star-wars-the-old-republic/wertung/44513.html
...86% für den größten flop aller zeiten aus dem hause EA.

http://www.gamestar.de/spiele/call-of-duty-modern-warfare-3/wertung/46650.html
...91% für ein spiel das jahr ein, jahr aus exakt das gleiche erlebnis liefert und dabei mehr einem texture-mod, als einem neuen spiel gleicht.


was mich aber extrem nervt, ist das einige magazine wie die gamestar mittlerweile schleichwerbung betreiben. da werden teilweise als tests getarnte werbeartikel direkt aus der PR abteilung veröffentlicht:
http://www.gamestar.de/spiele/forge-of-empires/artikel/forge_of_empires,48113,3006035.html

irgendwo im titel steht dann noch ein kleines, unauffälliges "promotion", aber das dürfte die zielgruppe weder bemerken, noch verstehen.

auch sonst wird sehr "kreativ" werbung dort betrieben, wie die sub-navigation auf dem unten angehängten screen zeigt. aber nicht falsch verstehen, 4players ist auch nicht besser.

Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Accipiter am 27. Oktober 2012, 16:17:34
Es ist ja auch bei seriösen (!) Magazinen mittlerweile kein Tabu mehr, Kunden Werbung platzieren zu lassen, deren Layout sich nah den redaktionellen Content des jeweiligen Heftes hält.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Baumstumpf am 27. Oktober 2012, 16:19:21
welche seriösen magazine sind das?
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Accipiter am 27. Oktober 2012, 16:30:11
Kannste nen ganzen Sack voll mit machen. Zuletzt beispielsweise bei der c't gesehen. Es ist auf den zweiten Blick natürlich immer offensichtlich eine Anzeige. Aber wenn da recht viel Text in Spaltenform steht, dazu ne Headline mit Lead und Bildern, dann liest man da beim Seitenwechsel oft genug erstmal drüber. Mich wundert es halt, dass die Verlage den Kunden solche Anzeigen nicht direkt wieder um die Ohren hauen.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Sky am 27. Oktober 2012, 16:37:20
Au ja, das hasse ich. :D Das ist mir neulich erst aufgefallen, als ich die halbe Seite schon durch hatte.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Baumstumpf am 27. Oktober 2012, 16:53:07
vor allem tun die sich damit keinen gefallen. als leser erinnere ich mich da sofort an das sprichwort, "sag mir mit wem du gehst und ich sage dir wer du bist". eine zeitschrift die derart hand in hand mit werbekunden geht, ist für mich ein käseblatt der privatwirtschaft. das stellt dann auch die übrigen artikel in der jeweiligen zeitschrift infrage. woher soll ich wissen, ob der rest nicht auch in direkter zusammenarbeit erstellt wurde, wenn die schon so offensichtliche fake-artikel einbinden? also lieber ganz meiden. im prinzip gräbt sich der journalismus damit sein eigenes grab.

derzeit lese ich nur noch auf aufgewählten leitmedien wie SPON, oder der süddeutschen. der rest - und da gehören auch seiten wie gamestar hinzu - "überblättere" ich höchstens mal zur unterhaltung, aber ernst nehmen tue ich keine davon. die komplette spielepresse nehme ich schon lange als reinen club der märchenerzähler wahr, denn jeder private fan-blog liefert zutreffendere berichte. sicher nicht so schön formuliert und aufbereitet, aber letztendlich kommt es mir auf den inhalt an und da kann ich auf jubelrufe zum neusten overhyped game getrost verzichten.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Accipiter am 30. Oktober 2012, 15:16:27
http://www.rockpapershotgun.com/2012/10/30/rpss-position-on-the-eurogamerflorence-debacle/#more-129805

Hart wie der Shitstorm durch Netz fegt und auf einmal jeder verdächtig ist.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Neranja am 30. Oktober 2012, 16:34:45
Es ist halt immer etwas merkwürdig zu sehen wie selbsternannte Journalisten anderen Journalisten mit Klagen drohen. Das rechtfertigt schon eine Aufarbeitung und mal ein Nachdenken über den ganzen Prozess und die Verbandelung zwischen Publishern, Entwicklern und denjenigen die eigentlich auf der Seite der Kunden stehen sollten.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: tombs am 30. Oktober 2012, 17:53:53
und das sollten sie, weil?
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Neranja am 30. Oktober 2012, 19:49:45
und das sollten sie, weil?

Weil das ihre Kunden sind? Die Werbeeinnahmen kommen ja nur dadurch zustande das sie überhaupt eine Zielgruppe und Rezipienten haben. Das scheinen leider nur viele zu vergessen.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: tombs am 30. Oktober 2012, 21:45:41
das stimmt für offline-magazine nur bedingt und für onliner fast gar nicht mehr. deren tatsächliche kunden sind die werbenden, die den umsatz bringen. und in diesem maß sind auch die konsumenten des primärproduktes die eigentliche ware, die verkauft wird (1000 views, page impressions, unique visitors, einschaltquoten oder was auch immer). in diesen märkten sind konsumenten und kunden nicht mehr (zwangsläufig) das gleiche.
klar, das ist nur die reine wirtschaftliche betrachtung und auch nicht mehr ne wirklich revolutionäre einsicht. ist aber immer noch bei vielen nicht angekommen, wenn man sich die diversen diskussionen so anschaut.
 

Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: Baumstumpf am 30. Oktober 2012, 21:51:02
wenn die visitors nicht mehr die webseiten besuchen, weil die inhalte sie nicht mehr interessieren, dann bezahlen die werbekunden auch nicht für werbung auf diesen seiten.
Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: tombs am 31. Oktober 2012, 11:04:55
hail to captain obvious.
und wie wir im kostenlosen privatfernsehen und zig online-journalismus-imitaten sehen, führt das nicht etwa zu einer wirtschaftlichen betrachtung, bei der geschaut wird, wie man durch möglichst billig hergestellten content extrem effizient an möglichst viele konsumenten kommt sondern zu reihenweise hochwertigen qualitätsprodukten, um die anspruchsvolle kundschaft auf dauer zu binden. oh wait...

Titel: Re: Games Journalism & Corruption (UK)
Beitrag von: EdHunter am 31. Oktober 2012, 11:24:38
vg 24/7 listet jetzt mal für ihre Mitarbeiter wirklich definitive Regeln auf, die sich aus dem ganzen Drama ergeben haben:
http://www.vg247.com/2012/10/31/doritosgate-after-the-storm-lets-clean-ourselves-up/