Alfons Irinowsky
Alfons Irinowsky, der Mann mit dem Taint eines Bestatters, saß in einem Cabrio. Der linke Arm lag lässig auf dem Türrahmen. Das Gesicht mit der dunklen Sonnenbrille verbarg seine Augen. Auf seinem kahlen Kopf standen Schweißperlen.
"Verdammtes Mallorca..." brummelte er vor sich hin, als er einer verirrten Ziege auswich. Kurzes Zurückschalten und wieder Vollgas.
Er hasste diese Insel mit seinem milden Klima. Das Leben bestand schließlich aus einer Aneinanderreihung von Extremen. Doch diese verfluchte Insel machte den konstanten, irrigen Eindruck von Sorglosigkeit, von Wohlbefinden. Sie versuchte, einen einzulullen und ihn dann immer träger zu machen. Solange, bis sie ihn ganz in ihren Klauen hielt.
Irinowsky spuckte aus dem Fenster. Eine Hummel brummte vorbei.
"Wenn ich diesen Brockmann finde, blase ich ihm das Licht aus. Dann stopfe ich ihm die Kündigung in seinen sabbernden Rachen."
Wieder spielte sich die Szene von vor 6 Monaten in seinem Kopf ab, als er sich den Schädel noch nicht rasiert hatte...
Gerade war er aufgestanden, den festen Vorsatz gefasst, sich doch noch nach seinem Aufgabengebiet zu erkundigen, da klingelte es an der Tür seiner engen 2-Zimmer-Wohnung. Den Bademantel übergeworfen, öffnete er. Ein älterer Mann in Postuniform stand da, einen Brief in der einen Hand und ein elektronisches Quittierungsgerät in der anderen.
"Eehn Einschreiben, Herr Ironewsky. Wennse hier mal unterschreiben möchten."
Hastig kritzelte Irinowsky unleserlich seinen Namen auf das Gerät. Ein paar Piepser ertönten, als der Mann die Eingabe bestätigte.
"Eehnen schönen Dahch noch, nee?"
Aber Irinowsky starrte nur noch auf den Umschlag mit dem TDE-Stempel. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Eine Gehaltserhöhung hätten sie ihm bestimmt persönlich mitgeteilt.
Hastig riss er das Couvert auf.
"Sehr geehrte(r) Herr/Frau Irinowsky,
hiermit kündigen wir ihren Anstellungsvertrag fristlos rückwirkend auf Abschluss des letzten Monats. Wegen wiederholter sexueller Belästigung sehen wir uns ausser Stande, sie weiterhin in unserer Firma..."
Mit zusammengebissenen Zähnen und feuerrotem Gesicht zerriss er den Brief, trampelte darauf herum. Aber nichts half ihm, seinen Zorn zu zügeln. Mit einem wilden Satz stürzte er sich auf den langsam die Treppe hinunterhumpelnden Postboten und schlug wild auf ihn ein...
Er schüttelte den Kopf und die Erinnerung verblasste wieder.
"Sexuelle Belästigung. Niemanden hab ich belästigt. Jedenfalls nicht sexuell! Alles nur eine Lüge, um mich schnell aus der Firma zu werfen und Geld zu sparen. Dafür wirst du bluten, Brockman. Wegen deiner Lüge stellt mich keiner mehr ein. Nicht mal mit der Kneifzange wollen sie mich noch anfassen.
Wenn ich dich finde...". Sein Murmeln ging in ein Knurren über, als er über die Ausbuchtung an seinem Jacket streichelte...